Kurz notiert (9)

+++NPD Oldenburg pfeift aus dem letzten Loch – und äußert sich antisemitisch+++“Aktionsgruppe Weser/Ems“ mit klassischer Nazipropaganda+++Lokale Beteiligung am „TDDZ“ in Dortmund+++Antisemitischer BDS-Vortrag im stillen Kämmerlein+++Protest gegen Diether Dehm+++Die AfD und ihr „Mut zur Wahrheit“+++Neonazis zu Gast bei der AfD in Wiesmoor

Im Folgenden geben wir einen Überblick über vergangene Ereignisse aus den letzten Monaten.


 
NPD Oldenburg pfeift aus dem letzten Loch – und äußert sich antisemitisch

Anfang Mai fand die Jahreshauptversammlung des NPD-Unterbezirks Oldenburg statt. Bereits im Vorfeld kündigte der langjährige Vorsitzende Eckhard Aden aus dem Stadtteil Ofenerdiek an, nicht mehr für ein Amt im Vorstand des Unterbezirks kandidieren zu wollen. Szenebeobachter*innen vermuten, dass Aden sich statt dessen voll auf die Kameradschaftsprojekte „Freies Oldenburg“ und „Aktionsgruppe Weser/Ems“ (siehe unten) konzentrieren will. Eventuell spielen auch Gedanken um ein mögliches NPD-Verbot eine Rolle.
Da Stadtrat Ulrich Eigenfeld wegen seiner Funktion als Landesvorsitzender der NPD Niedersachsen ebenfalls nicht zur Verfügung stand, wurden die letzten Reserven zur Besetzung des Vorstands mobilisiert. Neuer Kopf der neonazistischen Partei ist nun Wilhelm Sudmann aus Ehrenburg (Landkreis Diepholz). Sudmann ist langjähriges NPD-Mitglied. Im Rahmen dessen besucht er regelmäßig die Landesparteitage der NPD-Niedersachsen als Delegierter. Aufsehen erregte ein Zeltlager des Osnabrücker Ablegers der „Jungen Nationaldemokraten“, der Jugendorganisation der NPD, das Anfang 2010  auf dem Grundstück Sudmanns stattfand. Die Osnabrücker JN galt bis zu ihrem Zerfall als strikt völkisch und nationalsozialistisch.


Wilhelm Sudmann beim Landesparteitag der NPD-Niedersachsen in Bösel-Petersdorf am 10.05.2015 Bild: recherche-nord

Auch der neue stellvertetende Vorsitzende ist ein alter Bekannter: Bernd Neumann aus dem Oldenburger Stadtteil Osternburg. Neumann schien sich bereits aus der aktiven Parteipolitik zurückgezogen zu haben und wurde nun offenbar aus der Not heraus reaktiviert.
Ulrich Eigenfeld fungiert künftig als Schatzmeister.
Die Neubesetzung der Ämter in der Oldenburger NPD offenbart zwei Dinge: Offenbar ist die Partei für jüngere Neonazis nicht mehr attraktiv. Unter anderem daraus folgt Punkt zwei: Der Oldenburger Unterbezirk hat offenbar mit einer ernsten Personalnot zu kämpfen. Gerade im Hinblick auf die große Fläche, die der Unterbezirk umfasst, stellt es eine Offenbarung dar, die Führungspositionen nur mit alten Herren zu besetzen bzw. ausgedient geglaubte Neonazis reaktivieren zu müssen.
Auch an anderer Stelle tritt die Personalnot der Oldenburger NPD deutlich zu Tage: Mit Albert Wille übernahm ein Neonazi aus Ostfriesland die Betreuung der Facebookseite. Jemand der nicht mal zum Unterbezirk Oldenburg gehört.


Albert Wille bei einer NPD-Kundgebung in Osterholz-Scharmbeck am 07-05.2016
Bild: recherche-nord


Kein Zweifel: Albert Wille betreibt jetzt die Facebookseite der NPD Oldenburg
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Mit der Übernahme der Facebookseite durch Albert Wille änderten sich auch Tonfall und Niveau der Beiträge, hin zu einem äußerst vulgären Stil. Auch werden nun durch die Facebookseite der Oldenburger NPD Verschwörungstheorien und offener Antisemitismus veröffentlicht.


Offener Antisemitismus auf der Facebookseite der NPD Oldenburg
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„Aktionsgruppe Weser/Ems“ mit klassischer Nazipropaganda

Im Frühjahr dieses Jahres versuchte die „Aktionsgruppe Weser/Ems“, sich ins Gespräch zu bringen. In einem Flyer, der vor explizit nationalsozialistischer Ideologie strotzt, wird der Wilhelmshavener Jens Wagenlöhner als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts genannt. Wagenlöhner ist seit vielen Jahren aktiver Neonazi und war bereits in der Wilhelmshavener Kameradschaft „AG Wiking“ sowie in der lokalen NPD aktiv, ebenso wie nun in der „Aktionsgruppe Weser/Ems“.


Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Jens Wagenlöhner aus Wilhelmshaven


Jens Wagenlöhner beim „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund am 04.06.2016
Bild: recherche-nord

Bei der „Aktionsgruppe Weser/Ems“ handelt es sich um einen Versuch, Neonazistrukturen aus Oldenburg, Wittmund, Friesland und Wilhelmshaven zu vernetzen und aktionsfähig zu machen. Zu einer Kundgebung der Aktionsgruppe in Wilhelmshaven erschienen im November 2015 ca. 30 Neonazis. Auch plante diese Struktur, im Oldenburger Stadtteil Etzhorn Hetze gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete zu betreiben.
Obwohl die „Aktionsgruppe Weser/Ems“ ein flächenmäßig großes Gebiet vernetzen will, organisieren sich dort nicht mehr als eine Hand voll Neonazis.

Neonazistischer „Tag der Deutschen Zukunft“ in Dortmund mit regionaler Beteiligung

Der jährlich an wechselnden Orten stattfindende Neonaziaufmarsch „Tag der Deutschen Zukunft“ fand dieses Jahr in Dortmund statt. Unter den ca. 900 Teilnehmer*innen befanden sich auch Neonazis aus der Region. Von der „Aktionsgruppe Weser/Ems“ reisten die Wilhelmshavener Daniela Bliesener und Jens Wagenlöhner an. Die Beteiligung aus Oldenburg fiel mau aus. Lediglich Uwe Mindrup, der noch vor einigen Monaten behauptet hat, kein Nazi zu sein und „politisch links“ zu stehen, nahm am Neonaziaufmarsch teil und trug eine Fahne des Deutschen Reichs.


Der Oldenburger Uwe Mindrup beim „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund
Bild: recherche-nord

Antisemitischer BDS-Vortrag im stillen Kämmerlein

„Boycott, Divestment, Sanctions“ – Unter diesen Schlagworten versucht derzeit eine internationale Kampagne, Stimmung gegen den Staat Israel zu machen und in letzter Konsequenz dazu beizutragen, dass Israel, der Staat der in direkter Folge aus der Shoah als Schutzraum für Jüdinnen und Juden errichtet wurde, vernichtet wird.
Die BDS-Kampagne äußerte sich beispielsweise in Bremen so, dass Menschen mit Plakaten vor Supermärkten standen, auf denen dazu aufgerufen wurde, keine israelischen Produkte zu kaufen. Auch gab es „Inspektionsteams“ in weißen Kitteln, die Produkte aus Israel kennzeichneten.
Ein bundesweit aktiver Organisator der BDS-Kampagne kommt aus Oldenburg. Christoph Glanz, der unter dem Pseudonym „Christopher Ben Kushka“ bereits in München eine Informationsveranstaltung über die BDS-Kampagne abhielt. Mitte Mai wollte Glanz nun auch in Oldenburg für die israelfeindliche Kampagne werben. Zunächst in Kooperation mit der evangelischen Student*innen-Gemeinde, später mit dem städtischen Kulturzentrum PFL. Beide beendeten jedoch nach einem offenen Brief und einer Online-Petition im Vorfeld die Zusammenarbeit. Im Streit um die Nutzung der Räumlichkeiten des PFL kam es sogar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die Glanz kurzfristig verlor. Da die Lage jedoch bis kurz vor Veranstaltungsbeginn unklar blieb, versammelten sich ca. 30 Menschen vor dem PFL, um gegen antiisraelische und antisemitische Stimmungsmache zu protestieren. Auch einige Interessent*innen, die den BDS-Vortrag besuchen wollten, fanden sich am PFL ein, mussten aber unverrichteter Dinge wieder abreisen.
Letztlich fand die Veranstaltung im Wohnhaus von Christoph Glanz in Tungeln, kurz vor Oldenburg, statt. Eine breite Öffentlichkeit konnte damit jedoch nicht erreicht werden.


Die BDS-Veranstaltung konnte letztlich nicht im „PFL“ stattfinden


Proteste vor dem „PFL“


Letztlich fand die Veranstaltung im stillen Kämmerlein, bei Christoph Glanz zu Hause statt.

 Protest gegen Diether Dehm

Wer sich mit dem Bundestagsabgeordneten der Linkspartei Diether Dehm befasst, wird recht schnell nicht nur auf schlechte Musik, sondern auch auf regressive Kapitalismus“kritik“ und Querfrontbestrebungen stoßen. So arbeitet Dehm mit den antisemitischen und verschwörungsideologischen „Mahnwachen für den Frieden“ zusammen und steht dabei auch in regem Kontakt zu Lars Mährholz und Ken Jebsen. Jebsen verlor seinen Job als Radiomoderator beim Sender RBB als der die Shoah als „PR-Erfindung“ bezeichnete.


Diether Dehm mit den bekannten Verschwörungsideologen Lars Mährholz und Ken Jebsen
Bild: Frank Kopperschläger

Mitte Mai wurde Dehm ins das Büro der Oldenburger Linkspartei zu einem Vortrag eingeladen. Antifaschist*innen verteilten vor Ort Flugblätter, die sich kritisch mit den Inhalten Dehms auseinandersetzen.

Die AfD und ihr „Mut zur Wahrheit“

Mit dem Titel „Die SPD und die Meinungsfreiheit – ein ausgesprochen problematisches Verhältnis“ beklagt der AfD-Kreisverband „Stadt Oldenburg/Ammerland“ unter anderem die zunehmenden Schwierigkeiten der Partei, Räumlichkeiten für ihre Veranstaltungen zu finden. Die AfD wirft dem regionalen SPD Ableger vor, dass dieser behaupten würde, dass die AfD sich unter privaten Namen und nicht als Partei Räumlichkeiten in Gaststätten reservieren würde. Die nationalistische Partei steigert ihre Aussage sogar noch mit der Behauptung: „Wir spielen stets mit offenen Karten und treffen unsere Vereinbarungen mit Gastwirten selbstverständlich als AfD Stadt Oldenburg-Ammerland.“


Ausschnitt von einem Artikel aus der Internetpräsenz der Oldenburger/Ammerländer AfD
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Diese Behauptung seitens der AfD stellt eine Lüge dar. So wurde uns die Mail einer Gaststätte zugespielt aus der hervorgeht, dass die AfD dort die Taktik fuhr, sich explizit nicht als Partei anzumelden.


Ausschnitt aus einer uns zugespielten E-Mail eines Gaststättenbetreibers
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Auch bei dem Versuch eines Stammtisches im Oldenburger Stadtteil Osternburg war der Inhaberin der Gaststätte nicht bewusst, dass es sich um die AfD handelt.

Die AfD Oldenburg/Ammerland sollte sich in Zukunft bei der Suche nach einer Gaststätte für einen Stammtisch auf ihren Wahlslogan zur Bundestagswahl 2013 besinnen: „Mut zur Wahrheit“.

Neonazis zu Gast bei der AfD in Wiesmoor


AfD-Veranstaltung im „Torfkrug“ in Wiesmoor

Am 3. Juni fand im ostfriesischen Wiesmoor der Wahlkampfauftakt der regionalen AfD-Verbände statt. Als Gastrednerin war die Bundesvorsitzende Frauke Petry geladen.

Unter den etwa 250 AfD-Sympathisant*innen und Mitgliedern waren auch, wenig überraschend, einige Neonazis anwesend. So war beispielsweise der Wilhelmshavener Volker Hillnhütter vor Ort, ebenso wie ein Organisator der gefloppten Wilhelmshavener „Deutschen Revolution“.


Volker Hillnhütter aus Wilhelmshaven (Bildmitte) in Begleitung eines weiteren Neonazis


Keine „Deutsche Revolution“ – weder in Wilhelmshaven noch in Wiesmoor


Teilnehmer der AfD-Veranstaltung im T-Shirt der neonazistischen Hooligan-Band „Kategorie C“ (links im Bild)

Gegen die AfD protestierten an diesem Abend etwa 300 Menschen.

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